Zusammenfassung, Analyse und Bewertung des Workshops und der Ergebnisse
In den Werkstattgesprächen der Union zur Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Migrations-, Sicherheits- und Integrationspolitik wurden Tabus gebrochen, die seit 2015 eine sachliche Debatte behindern, und Dinge beim Namen genannt, deren Beschweigen die politische und administrative Praxis seit Jahren lähmen. Diese Schweigespirale hat nicht nur die Demokratie beschädigt, sondern bereits etliche Opfer gefordert.
Beim Migrations- Workshop der CDU unter Beteiligung der CSU stellt sich nun heraus: Es geht also doch, das Hinterfragen der Politik insbesondere seit 2015, das Ansprechen von Missständen und Problemen, die seither aufgetreten sind, und auch das tabulose Nachdenken über und Vorschlagen von Lösungen, die nicht nur die Wünsche und Interessen der noch nicht so lange hier Lebenden berücksichtigen, sondern auch die Belange und Sorgen der schon länger hier Zahlenden. Und es geht sogar ganz ohne die Kanzlerin, die nicht zum Workshop eingeladen war. Geht es etwa nur ohne Merkel?
Teil 1: Bestandsaufnahme
Expertenrunde
CDU Werkstatt: Deutsche und europäische Asyl-, Flüchtlings- und Migrationspolitik – eine Bestandsaufnahme mit den Experten Christian Hillgruber, Egbert Jahn, Gerald Knaus und Daniel Thym unter der Leitung von Angela Elis, 10.02.2019
In der Expertenrunde zum Auftakt der Werkstatt- Gespräche trafen mit dem Rechtswissenschaftler und -philosophen Prof. Christian Hillgruber und dem Politikwissenschaftler und Historiker Prof. Egbert Jahn zwei Kritiker und Skeptiker der Flüchtlingspolitik der vergangenen Jahre mit dem Juristen und Hochschullehrer Prof. Daniel Thym und dem Vorsitzenden der Europäischen Stabilitätsinitiative und Architekten des ‘Türkei- Deals’, dem Soziologen Gerald Knaus, auf zwei grundsätzliche Befürworter dieser Politik. Allen vieren gemeinsam ist die Ablehnung der extremen Konzepte ‘totale Abschottung’ auf der einen und ‘open borders’ auf der anderen Seite.
Christian Hillgruber fordert eine klare Unterscheidung zwischen temporärem Flüchtlingsschutz und dauerhafter Arbeitsmigration, auch im Hinblick auf Integration. Entfällt der Schutzgrund, müssen die Flüchtlinge in die Heimat zurückkehren, sonst wird die deutsche Asyl- Praxis zum ‘Pull- Faktor’ für weitere Migranten. Auch die innereuropäische Verteilung funktioniere nicht. Hillgruber ist der Ansicht, dass das europäische Schutzversprechen für jedermann nicht aufrechtzuerhalten sei und man künftig nur noch selbst definierte Kontingente von Flüchtlingen aufnehmen solle. – Hillgruber sieht erhebliche Probleme in der Verschiedenheit der Kulturkreise, die nun zusammenkämen. Da habe es Polen mit der Integration von 2 Mio Ukrainern aus einer verwandten Kultur sehr viel einfacher. Ob Integration gelinge, sei eine offene Frage. – [Position: Politik offener Grenzen nicht rechtskonform, Verfassungsblog]
Gerald Knaus geht davon aus, dass die meisten Flüchtlinge dauerhaft oder zumindest für lange Zeit bleiben werden. Er bemängelt jedoch, dass Migranten, die keine Aussicht auf Flüchtlingsschutz haben – alleine 650.000, die vor allem aus West- Afrika in den vergangenen Jahren nach Europa gekommen seien – nicht rasch wieder zurück geführt werden. Um eine Rückführung zu erleichtern, sollten die Asylverfahren im europäischen Verbund vereinheitlicht und gestrafft (nur eine Berufungsinstanz!), Asylstützpunkte (Hotspots) für die Asylverfahren im Mittelmeer eingerichtet und die Kooperation mit Heimat- und Durchgangsländern intensiviert und so gestaltet werden, dass beide Partner davon Vorteile hätten. – Bei der Integration vertraut Knaus auf die Attraktivität von Demokratie, ‘Westlichen Werten’ und westlicher Lebensart auch für Migranten, allerdings unter der Voraussetzung, dass die Integration in Arbeit und Bildung gelinge. – [Position: „Wir brauchen eine Lösung an der EU-Außengrenze“, DLF]
Daniel Thym plädiert für eine Mischung aus Humanität und Härte. Nicht Schutzberechtigte, etwa aus Afrika, die übers Mittelmeer kommen, sollten rasch zurückgeführt werden. Thym verweist auf die bereits vorhandenen Regelungs- und Kontrollmechanismen der europäischen Migrationspolitik wie ‘sichere- Drittstaaten- Regelung’, Kooperation mit Herkunftsländern und die EU- Grenzschutztruppe Frontex, die ausgebaut und optimaler miteinander kombiniert und angewendet werden sollten, etwa durch ausreichende Verwaltungskapazitäten an den Außengrenzen. Um innereuropäische Sekundärmigration zu unterbinden, schlage die EU vor, den vollen Bezug von Sozialleistungen für Flüchtlinge von der Standorttreue zum zugewiesenen Aufenthaltsort abhängig zu machen. – Thym wirft die Frage nach gesellschaftlichem Zusammenhalt und kultureller Integration in einer multikulturellen Gesellschaft auf. Hieran müsse gearbeitet werden. Das Grundgesetz alleine werde nicht genügen. – [Position: Der Rechtsbruch- Mythos und wie man ihn widerlegt, Verfassungsblog]
Egbert Jahn fordert wie Hillgruber eine Trennung zwischen Armutsmigranten und Flüchtlingen im rechtlichen Sinne und den Abbau von Illusionen: Kriege und andere Fluchtursachen werden über Jahrzehnte nicht beseitigt werden können. Flucht und Migration wird weiter zunehmen. Darauf müsse die Gesellschaft eine Antwort finden. Die ‘Abhaltepolitik’, wie sie bereits mit der Türkei, Ägypten und Marokko umgesetzt werde, solle nach Möglichkeit auch auf Libyen ausgedehnt werden. Es sei aber fraglich, ob das gelingen werde und es reiche auch nicht aus. Auch Jahn plädiert dafür, Sozial- und Versorgungsleistungen sowie Arbeitserlaubnis nur am zugewiesenen Standort zu gewähren. – Bei der Integration sieht Jahn insbesondere Probleme bei der ‘politischen und kulturellen Integration’ in demokratische und freiheitlich- aufgeklärte Werte. Wenn in 40 Jahren 10 Mio Muslime in Deutschland lebten [das könnte bereits in 20 Jahren der Fall sein, Anm. d. Verf.], werde wohl der Antrag kommen, die CDU in ‘Christlich- Muslimische Demokratische Union’ umzubenennen. – [Position: Wir schaffen das (nicht)! Ratlosigkeit in der Flüchtlingspolitik, Uni Frankfurt]
Teil 2: Experten und Praktiker im Dialog
Teil 3: Ergebnisse der Themen- Workshops
Teil 4: Résumé der Werkstattgespräche
[…] es zu viele junge Männer gibt… (NZZ, 2006, E) (3) Keine ‘girl friends’ im Islam (Welt, 2016, E) (3) Willkommensunkultur (NZZ, 2016, E) Europa hat ein Männerproblem […]