Staatsfunk im Funkloch, Papierkrieger am Pranger
[Gastkommentar] – Die Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Redakteursausschüsse (ARAG) beschwert sich in einem geharnischten offenen Brief vom 02.11.2017 bei den ‘lieben Kollegen in den Zeitungsredaktionen’ darüber, dass die öffentlich-rechtlichen Medien von diesen bisweilen ‘Staatsfunk’ genannt werden und rückt die Edelfedern in den Printmedien in die Nähe zum Rechtspopulismus.
Stimmt, das geht natürlich überhaupt nicht, dass die Arbeit öffentlich-rechtlicher Medien auf eine Weise beurteilt wird, die so gar nicht deren Selbstbild entspricht. Wer dies dennoch tut, macht sich damit automatisch der Nähe zum Rechtspopulismus verdächtig! Dieses Ausgrenzungsschema pflegt man bei den Öffentlich-Rechtlichen inzwischen ja mit einer gewissen Routine: Wer uns selbst oder die von uns verkündeten Wahrheiten in Frage stellt, ist ein Rechtspopulist!
Womit auch schon deutlich wird, wie grotesk surreal das Selbstbild der Öffentlich-Rechtlichen ist: Diejenigen, die in den letzten Jahren mit einer extrem einseitigen Berichterstattung ganz eifrig die Fliehkräfte einer auseinander fallenden Gesellschaft verstärkten, indem sie auf alles das Etikett „rechtspopulistisch“ klebten, was in der Flüchtlingskrise nicht auf Regierungslinie lag – ausgerechnet diejenigen sehen sich nun ohne jede Selbstironie als „Brückenbauer“? Das verströmt so ungeniert den Geist des Staatsfunks, dass ich erst einmal nachschauen musste, ob dieser Aufruf nicht vielleicht doch ein ganz raffinierter Fake ist. Ist er aber nicht. Echt wahr! [1]
Daher muss man leider sagen, dass öffentlich-rechtliche Journalisten mit diesem Schreiben einen Eindruck unfreiwillig bestätigen, dem sie ja eigentlich entgegen wirken wollten. Auch das erinnert übrigens an die späte DDR, wo betriebsblinde Staatsfunktionäre aufkommender Kritik auf eine Weise entgegentraten, die ihre Kritiker unfreiwillig bestätigte… Wer im Treibsand der eigenen Ideologie festsitzt, der verliert bisweilen umso schneller an Legitimität, je größer die weltanschauliche Überzeugung ist, mit der er seine Legitimität zu verteidigen versucht.
Und auch das hatten wir schon mal: Privilegierte Staatsfunktionäre rufen das sozialistische Fußvolk, dem die sozialistische Realität einer Mängelwirtschaft bisweilen hart ins Gesicht schlägt, zum Zusammenhalt und gemeinsamen Kampf gegen den faschistischen und kapitalistischen Westen auf. Möglich war dies wohl nur, weil diese privilegierten Staatsfunktionäre bereits jeden Bezug zur schwierigen Realität einfacher Genossen verloren hatten.
Heute sind es die privilegierten Journalisten eines mit Zwangsgebühren finanzierten Schlaraffenlandes, die jene Kollegen zum Zusammenhalt “gegen Fake News und populistische Parolen” aufrufen, die in der harten marktwirtschaftlichen Realität zurecht kommen müssen. Während bei Ersteren die Qualität ihrer journalistischen Arbeit keinerlei Einfluss auf die üppig sprudelnde und nie versiegende Geldquelle hat, fallen bei Zweiteren sofort die Auflagen, wenn sie sich den selbstgefälligen Unfehlbarkeits-Habitus der Öffentlich-Rechtlichen zu Eigen machen. Für die öffentlich-Rechtliche Medien mag es keine wirtschaftlichen Konsequenzen haben, wenn sie auch von einem Teil der Bundesbürger zunehmend als „Staatsfunk“ wahrgenommen werden. Den Zeitungsverlagen jedoch droht ein existenzielles wirtschaftliches Problem, wenn ein wachsender Teil der Bundesbürger bei Printmedien aus Österreich und der Schweiz vom „neuen Westfernsehen“ reden.
Wer in den Glaspalästen der Funkhäuser sitzt…
Aber gegen solchen Realitäten haben sich die Öffentlich-Rechtlichen längst immunisiert. Das klingt dann so: „Wir müssen den Menschen profund recherchierte Informationen vermitteln (genau davon ist ja auch in diesem Aufruf die Rede), anstatt ihnen nur das zu sagen, was sie hören wollen.“ In der Theorie ist das zwar durchaus richtig, denn genau darin liegt Sinn und Zweck gebührenfinanzierter Medien begründet, betrachtet man jedoch die Praxis, dann zeugt dies vor allem von jenem selbstgefälligen Unfehlbarkeits-Habitus, von dem ich oben bereits sprach: Wie wohl nie zuvor in der bundesdeutschen Geschichte haben unsere Leitmedien – und allen voran die Öffentlich-Rechtlichen – seit Beginn der Flüchtlingskrise völlig unkritisch Behauptungen transportiert, obwohl klar war, dass diese Behauptungen (noch) nicht mit Fakten belegbar waren. Schlimmer noch: in vielen Fällen machten sich die Leitmedien solche faktenfreie Behauptungen zueigen.
1) Erinnert sei an die Behauptung, mit den Flüchtlinge kämen keine Terroristen ins Land, da diese ja andere Wege nutzen würden – und das zu einem Zeitpunkt, als es schlicht keine belastbare Daten gab, die diese Behauptung stützten. Im Nachhinein stellte sich dann heraus, dass hier von den Leitmedien “Fake” und Regierungspropaganda transportiert wurde.
‘So ist das in Wirklichkeit natürlich nicht’ – Claus Kleber im Heute-Journal, 22.09.2015
2) Erinnert sei an die Behauptung, es seien vor allem gut qualifizierte Menschen, die da zu uns kämen und eine enorme Chance für unsere Wirtschaft und unsere Sozialsysteme darstellen würden. Bei diesem Thema muss mindestens von einem journalistischen Totalversagen gesprochen werden. Denn bereits 2011, also noch VOR Ausbruch des Bürgerkriegs, hatten zwei Drittel der Achtklässler in Syrien nicht einmal ein Kompetenzniveau erreicht, das der untersten Stufe des Pisa-Tests entspricht. Schon damals wusste man, dass der Rückstand dieser jungen Syrer vier bis fünf Jahren Schulbildung entsprach – damit hatte also ein Achtklässler Grundschulniveau! Hans Werner Sinn konkretisierte dies bei seiner Abschiedsvorlesung: „65 Prozent der Bevölkerung in Syrien können die Grundrechenarten nicht.”
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