Bonzen bangten und Bürger beteten – dann entschied sich die SPD auf ihrem gestrigen Parteitag in Bonn mit knapper Mehrheit für ein ‘weiter so’ im Windschatten von Mutti Merkel. Die Alternative wäre gewesen, die Kanzlerin mit langem Bein und in einem riskanten Manöver unter Einbeziehung aller verfügbaren Seitenstreifen – denn so richtig links darfs natürlich auch nicht sein – zu überholen, wie es der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert vorgeschlagen hatte, doch dazu fehlte den Genossen Phantasie und Mut und die Leichtigkeit des Seins sowieso. Auch in der SPD lebt man schließlich nicht von Luft und Liebe allein.
Im Grundsatz ist man sich mit Angela Merkel, die neutrale Betrachter ohnehin eher als Generalsekretärin der am Horizont der Dinge verblassenden Schimäre einer Kaderpartei der transnationalen multikulturellen Einheit verorten, ja sowieso einig: Der Michel ist zum Arbeiten da und sein Steuersäckel zum Schröpfen. Die süßen Früchte der Baby-Boomer nimmt man noch mit und wenn die letzten Mohikaner ihre Schuldigkeit getan haben, werden sie unauffällig in den ewigen Abgründen der Geschichte entsorgt. Dann sehen wir weiter.
Claus Strunz (SAT 1): SPD – finale Verzwergung?
Folgerichtig nannte Martin Schulz vom Kandidaten- Wahlverein SPD, der große Zampano des spurlosen Verschwindenlassen von Elefanten (4, 7) hinter tausendundeiner Nichtigkeit, das Sondierungsergebnis das „Manifest eines europäischen Deutschlands, das sich seiner Verantwortung für Freiheit, Demokratie, Zusammenhalt und Solidarität in Europa bewusst ist“ (1) und betonte ein weiteres Kernanliegen seiner Partei: “Es gibt keine Obergrenze bei Flüchtlingen, auf keinen Fall…” Denn ‘Neue Männer braucht das Land’, wie wir spätestens seit den 1980ern wissen! In den kommenden 4 Jahren ist eine weitere knappe Million (180.000 bis 220.000 per anno) incl. einiger Frauen und Kinder bereits eingeplant. Nicht als Obergrenze, sondern als Richtwert. Nach Schulz darfs auch ein bisschen mehr sein. Die christlich- sozialen Bayern werdens wohl schlucken, wie sie in den vergangenen Jahren noch jedes Löffelchen bittersüße Medizin schluckten.
Bei ‘Berlin direkt’ im ZDF präzisierte Schulz im Gespräch mit Bettina Schausten noch einmal seine Prioritäten: Ihm gehe es darum, ‘möglichst viel für die Bürgerinnen und Bürger im Lande herauszuholen, vor allem aber Europa voranzubringen’. Auch CDU-Fraktionschef Volker Kauder vom Senior-Koalitionspartner in guter Hoffnung zeigte sich gönnerhaft und bereit, schweren Herzens (!) die SPD-Kröte zu schlucken, das niedrigste Rentenniveau im Euro-Raum vorerst (bis 2025?) nicht weiter absinken zu lassen. Wenn das nicht konstruktiv, bürgernah und staatstragend ist!
Ina Deter Band – Neue Männer braucht das Land
Des weiteren dürften in den nun anstehenden Koalitionsverhandlungen auch noch die SPD-Themen Bürgerversicherung und anlasslose Befristung von Arbeitsverträgen erneut zur Sprache kommen. Die Bürgerversicherung könnte sich hierbei als klassisches Eigentor erweisen, denn eine Angleichung von Arzthonoraren ist ja nicht nur in eine Richtung denkbar…
Oder auf hochdeutsch: Der deutsche Michel wird in der GroKo III wohl ein letztes Mal von Dr. Euro tüchtig zur Ader gelassen, derweil sein Alltag und die verbliebenen Restbestände seiner Kultur und Identität, seine Sozialsysteme und seine mehr oder minder aufgeklärte Variante europäischer Lebensart im magischen Bermudadreieck zwischen Paris, Kabul und Addis Abeba unter süßen Sirenengesängen versinken und seine Söhne und Töchter sich auf diese oder jene Weise in Luft auflösen oder in alle Winde zerstreuen.
Joachim Witt – Goldener Reiter
Wenn schon keine ohne vorgehaltene Hand sagbaren Perspektiven fürs Land oder die Bürger, so dürften sich aus dem SPD-Beschluss doch immerhin positive Aspekte für den Staatsfunk ergeben haben: Endlich wieder Orientierung unter Vertrauten mit bewährtem Kompass! Nun kann es weitergehen wie bisher – jedenfalls für eine Weile. Alles ist wieder in Butter. Und die braucht man schließlich aufs Brot.
(1) Ticker Koalitionsverhandlungen (Welt)
(2) SPD stimmt für Koalitionsverhandlungen (Zeit)
(3) Schwarzer Tag für Deutschland (Tichy’s)
(4) Alles Faschos? (Tagesspiegel)
(5) SPD und CDU/CSU: Dauerhafter Bruch des GG (Jouwatch)
(6) Die Flüchtlingskrise geht doch weiter (Lost in Europe)
(7) Stefan Aust: „Humanitär verbrämte Vernebelungsstrategie“ (Tichy’s)
Titelbild(er):
1) von Michael Weiss, Germany (Eigenes Werk) [CC BY-SA 2.5], via Wikimedia Commons
2) By Tobias Koch (OTRS) [CC BY-SA 3.0 de], via Wikimedia Commons
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