Vorbild: Der staatliche norwegische Pensionsfonds
Wie man liest, soll es noch immer Königinnen und Kanzlerkandidat- Kandidaten geben, die Armen & Alten dazu raten, Kuchen zu essen, wenn’s fürs Graubrot nicht reicht. Nicht immer kommen derlei Vorschläge gut an und bisweilen enden sie in tristen Wahlabenden, Gelben Westen oder gar unter der Guillotine.
In diese Kategorie von Ideen gehört auch der Vorschlag, dass sich Menschen mit geringem Einkommen und absehbarer Altersarmut beizeiten Aktien oder Fondsanteile mit guten Renditen für die private Alterssicherung zulegen sollten, damit sie was haben in der Not, die so sicher kommt wie das Amen in der Kirche, wenn geringe Fach-, Insider- und Menschenkenntnis und manipulative Medienmacht zusammenkommen und Anlage- und Wahlentscheidungen substanziell beeinflussen. Nicht umsonst und vor allem nicht kostenlos lautet das Rezept des Establishments: ‘Halt Du sie dumm, ich halt sie arm’. Historisch betrachtet kann sowas durchaus über mehrere Generationen bzw. zu neudeutsch Legislaturperioden gutgehen, bis es zum Reset kommt, der die Ungleichgewichte wieder ins Lot bringt, zumal wenn der Hypermoral zugeneigte Kanzler und Könige den Job der Priester und Pfaffen gleich noch mitmachen.
Private Altersvorsorge durch Aktiensparen scheint auf den ersten Blick eine der üblichen verdächtigen prima Ideen zu sein für Menschen, die am Ende vom Geld immer noch jede Menge Monat übrig haben! Ergänzen kann man dieses Konzept noch mit einer Steuererklärung auf dem Bierdeckel und einer ‘Kopfpauschale’ [2] in der Gesetzlichen Krankenversicherung, die besagt, dass die Gesundheitsprämie der Putzfrau genauso hoch ist wie die des Abteilungsleiters. Soll alles schon vorgekommen sein.
Der norwegische Staatsfonds zeigt, wie’s geht!
So weit so schlecht. Es gibt aber doch eine Möglichkeit, dass auch der Kleinsparer und Normalbürger an der Entwicklung der Realwirtschaft und der Kapitalmärkte partizipiert. Natürlich nicht mit einem Nepper-, Schlepper-, Bauernfänger– Modell wie der Riester- Rente, die als innovatives Konjunktur- und Subventionsprogramm für die chronisch notleidende Versicherungs- und Finanzwirtschaft konzipiert ist, sondern mit einem professionellen Vermögensmanagement à la Blackrock. Das Schöne daran: Ein Vorbild dafür gibt es bereits: Der staatliche norwegische Pensionsfonds!
Während jeder deutsche Staatsbürger mit 35.000 Euro an öffentlicher Verschuldung (Bund, Länder, Gemeinden) am Start ist, verfügt jeder norwegische Bürger laut Handelsblatt über ein anteiliges Guthaben von umgerechnet 170.000 Euro am staatlichen norwegischen Pensionsfonds, wobei der norwegische Staat als Treuhänder der Beitrags- und Steuerzahler nur etwa 1/3, also 350 Mrd zu dieser Summe von insgesamt rund 1 Billion Euro beigesteuert hat. Die anderen 2/3 resultieren aus erwirtschafteten Kapitalerträgen.
Als Kapitalstock dienen dem 1967 gegründete staatliche Pensionsfonds, der auch die Sozialversicherungsbeiträge verwaltet, die Erlöse aus den riesigen Öl- und Gasvorkommen, die vor Norwegens Nordseeküste lagern. Der ‘Statens pensjonsfond’ legt das Geld aber nicht einfach unters Kopfkissen, sondern investiert es unter der Regie eines professionellen Fondsmanagements weltweit an den Kapitalmärkten: In Staats- sowie Unternehmensanleihen, Grundstücke, Immobilien und seit 1998 auch in Aktien. Ethische Standards werden dabei berücksichtigt.
Die Risiken von fachkundig ausgewählten, breit gestreuten Anlagen an den Kapitalmärkten sind geringer als beim Sparstrumpf, denn wenn die Weltkonjunktur den Bach runter geht, dann ist das im Zweifel völlig wertlose Papier- und Digitalgeld davon heftiger betroffen als Anlagen, die einen substanziellen Sachwert behalten. Dafür sind die Renditechancen weitaus höher. Und dass ein großer, staatlich kontrollierter und dennoch professionell gemanagter Anlagefonds ein sehr viel günstigeres Chance- Risiko- Profil bietet als ein vom provisionsabhängigen Finanzberater aufgeschwatzter, von immensen Abschluss- und Verwaltungsgebühren belasteter Ladenhüter der Abzocke- Branche, ist auch nicht weiter verwunderlich.
Bleibt die Frage, woher das Geld kommen soll, wenn ein Land wie z.B. Deutschland gar nicht über nennenswerte Einnahmen aus dem Verkauf nicht vorhandener Rohstoffe verfügt? Die Frage stellt sich allerdings ebenso, wenn man überlegt, aus welcher Rippe sich denn der Leiharbeiter und Niedriglöhner die Beiträge für seine private Altersvorsorge schneiden soll. Und doch gibt es darauf eine Antwort: Zum einen kann man die inzwischen vermutlich rund 4 Mrd Euro jährlich verwenden, die der Staat an Fördergeldern und Steuervergünstigungen pro Jahr für die Rieser-Rente aufbringt (die sich die Banken über hohe Vertragsgebühren und Managementvergütungen dann an Land ziehen). Zum anderen kann man Haushaltsüberschüsse wie z.B. die 6 Mrd Euro aus dem Jahr 2016 hinzunehmen und muss sie mangels besserer Ideen nicht mehr jungen, meist männlichen Glückssuchern aus aller Welt aufnötigen. Die dritte Säule eines solchen Pensionsfonds könnten freiwillige Zusatzbeiträge sein, die für den Normalverdiener der Mittelschicht interessant sein dürften.
Weitere Links:
Deutschlandfonds statt Aktien für Arme (Fratzscher, Zeit)
100 Milliarden Euro Steuerzuschuss für die Rente (FAZ)
Anzahl der laufenden Renten und Rentenausgaben (DRV)
Gerd Bosbach: Gesetzliche oder private Rente? (Youtube)
Volker Pispers: Die Rentenlüge / Rentenlücke (YouTube)
Grafik:
Ximonic, Simo Räsänen [CC BY-SA 3.0 or GFDL], from Wikimedia Commons
Joakim Aleksander Mathisen from Hammerfest, Norway [CC BY 2.0], via Wikimedia Commons
Mittelschicht ? Moment, die soll abgeschafft werden.