In Deutschland spricht man in diesen Tagen gerne und viel über die Probleme anderer Länder und die der ganzen Welt. Nur die Probleme im eigenen Land sind tabu. Denn Deutschland ist ein Land, in dem wir gut und gerne leben und in dem es keine Probleme geben darf. Das beste Deutschland, das wir je hatten!
Hierzulande äußert man lieber Besorgnis darüber, wie denn die Länder an der Peripherie der EU, an deren Küsten und Landgrenzen die Migrationsströme aus Afrika und Nahost ankommen, mit dieser Situation klarkommen und hat Verständnis dafür, dass sie nicht davon begeistert sind und sich beklagen. In der Tat ist das ‘Dublin- Abkommen’, welches besagt, dass ein Asylverfahren in dem Land durchzuführen ist, in dem ein Migrant erstmals seinen Fuß auf den Boden der EU setzt, objektiv ungerecht, da es im Prinzip alle Migrationslasten den Ländern mit Außengrenzen aufbürdet.
Wenn man dann aber einmal auf die Zahlen schaut, stellt man fest, dass die Länder mit Außengrenzen keineswegs die Haupt- Aufnahmeländer der Migration aus Afrika und Nahost sind, wie es oft in Politik und Medien heißt. Tatsächlich befinden sich EU- weit die mit großem Abstand meisten Asylbewerber nicht in den Ländern mit EU- Außengrenzen, sondern in Deutschland! Stand Ende Dezember 2017 zählte das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) in Deutschland 1,41 Millionen Migranten, das sind ca. 50% aller Schutzberechtigten in Europa, obwohl D nur etwa 16% der EU- Bevölkerung stellt. Danach folgt mit großem Abstand Frankreich mit 402.000 vor Italien mit 355.000 Flüchtlingen. Abgelehnte Asylbewerber sind in diesen Zahlen nicht enthalten. (s.u. Link 1).
Flüchtlingszahlen gesamt und per 1.000 Einwohner:
EU-Land | absolut | rel. |
Schweden | 328.000 | 33 |
Deutschl. | 1.410.000 | 17 |
Österreich | 173.000 | 17 |
Griechenl. | 83.000 | 7 |
Frankreich | 402.000 | 6 |
Italien | 355.000 | 6 |
Ähnlich verhält es sich bei den relativen Zahlen. Relativ betrachtet befinden sich in Griechenland nur knapp 1/2 so viele Flüchtlinge pro 1.000 Einwohner wie in Deutschland und Österreich, in Italien und Frankreich sogar nur 1/3 so viele. In Schweden sind es hingegen doppelt so viele. Dort wird inzwischen erwogen, zum Kampf gegen Bandenkriminalität das Militär auch im Innern einzusetzen.
Wie kann das sein? Offenbar bestand die Politik der offenen EU- Außengrenzen bislang darin, Deutschland, Österreich und Schweden mit dem zumindest stillschweigenden Einverständnis ihrer jeweiligen Regierungen die Hauptlast in der Migrationskrise aufzubürden, indem die im Osten und Süden der EU ankommenden Flüchtlinge nach Mittel- und Nordeuropa durchgewunken wurden. Diese Praxis sollte vermutlich die Akzeptanz der ‘Frontstaaten’ und der übrigen EU- Länder für die Masseneinwanderung sichern.
In Österreich und Italien gab es nun jedoch politische Kurswechsel und man will die Politik der offenen EU- Außengrenzen nicht weiter mittragen. Frankreich hält sich diplomatisch vornehm zurück, sieht aber von Beginn an zu, möglichst wenige Migranten abzubekommen und hat zu diesem Zwecke bilaterale Abkommen zur Abweisung von Flüchtlingen mit Italien geschlossen. Griechenland setzt wie Italien offenbar auf Weiterverteilung ‘unter der Hand’. In Deutschland wird heftig über das weitere Vorgehen gestritten, in Schweden ist die Situation unklar.
Zeig mir Deine Politik und ich sag Dir Deine Pläne
In der Migrationspolitik hat Europa drei Möglichkeiten, wie es vorgehen kann. Für welche davon es sich entscheidet, ist eine Frage der politischen und weltanschaulichen Motive, Absichten und Prinzipien:
(1) Alles so belassen wie es ist: Jeder macht es so, wie er will. Damit ließe man die Frontstaaten und die Haupt- Aufnahmeländer mit ihren Problemen alleine. Das bedeutete praktisch das Ende der Idee eines gemeinsamen und solidarischen Europas.
(2) Die Lasten der Migration solidarisch auf alle Länder der EU verteilen und weiterhin kein Außengrenzregime. Damit akzeptierte man Massenmigration in die europäischen Sozialsysteme, was gleichbedeutend ist mit der Abkehr von der Idee des europäischen Sozialstaats.
(3) Die EU- Außengrenzen gemeinsam schützen, zu diesem Zwecke Transitzonen vorzugsweise außerhalb der EU einrichten, von dort aus auch Rückführungen vornehmen und Hilfe vor Ort gewähren. Die Abkehr von der Politik der Masseneinwanderung in die europäischen Sozialsysteme bei gleichzeitiger Hilfe vor Ort bedeutete den Erhalt (eines gemeinsamen) Europas und seiner Idee vom Sozialstaat ebenso wie dieÜbernahme von Verantwortung für Europa und die Welt.
Bundeskanzlerin Merkel und die EU-Kommission sprechen sich bislang offiziell für eine Kombination von gerechterer Verteilung (2) und Außengrenzschutz (3) aus, in der politischen Praxis hingegen arbeiteten sie bislang ernsthaft, aber erfolglos, lediglich an der Umverteilung, während in Sachen Eigensicherung der Außengrenzen und Rückführung abgelehnter Asylbewerber seit drei Jahren so gut wie nichts passiert. Der Außengrenzschutz wurde komplett an die Türkei und obskure libysche Warlords ausgelagert, eigene europäische Konzepte oder gar Anstrengungen zum Schutz der Außengrenzen incl. der Einrichtung externer Aufnahmelager gelangen seit Jahren nicht über die Planungsphase hinaus. Eine ‘europäische Lösung’ im Sinne Merkels und der EU- Kommission könnte also im Wesentlichen darin bestehen, andere Länder mit Prämien (10.000 Euro pro Flüchtling) und politischem Druck (Kürzung von Subventionen) zur Aufnahme von Migranten zu bewegen.
Alle anderen EU-Länder bis auf Deutschland und Schweden(?) treten entweder von Beginn an oder aufgrnd von politischen Kurswechseln nach Wahlen für ein Primat des Außengrenzschutzes und Hilfe vor Ort ein. Diese in der Tat einzig vernünftige Lösung (3) zeichnet sich zunehmend als die von der großen Mehrheit der EU- Länder favorisierte ab. Bislang waren es vor allem Merkel und die EU- Kommisssion, die eine solche europäische Lösung, die den Fokus auf robusten Schutz der Außengrenzen und Hilfe vor Ort legt, hintertrieben. Daher war Merkel bereits auf dem Mini- EU- Gipfel vergangenes Wochenende isoliert. Schaunmermal, wie es sich nun beim ‘richtigen’ EU-Gipfel in diesen Tagen ausgeht.
Links:
(1) NRW: Mehr Asylzuwanderer als in ganz Italien (Welt)
(2) Schwerverbrecher wandern nach Deutschland ein (Epoch)
(3) Asyl-Wahnsinn in Deutschland (Bild)
(4) Deutschland zieht vor allem Osteuropäer an (Welt)
Titelbild: Statista (verzerrt)
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