Neapel, 1974: Eine Frau gibt sich bedingungslos hin. Stellt sich als Objekt zur Verfügung. ‘Ich bin ein Gegenstand’, lautet das Motto. 6 Stunden lang darf jeder mit ihr machen, was er will. ‘Objekte des Vergnügens’ und ‘Objekte der Zerstörung’ liegen bereit.
Was geschieht, wird als verstörend beschrieben.
Nach einer längeren Frist der scheuen Zurückhaltung und der Scham wird sie berührt – erst behutsam und spielerisch, dann immer provokativer und intimer begrapscht. Natürlich wird sie im Verlauf der Session nach und nach entkleidet. Die Kleider werden ihr mit einer Rasierklinge vom Leib geschnitten. Jemand ritzt sie am Hals und trinkt ihr Blut.
Im Laufe der Zeit kommen immer häufiger die Instrumente der Zerstörung zum Einsatz. Im Publikum bilden sich zwei Fraktionen: Die ‘Aggressoren’ und die ‘Beschützer’. Es kommt zu Handgreiflichkeiten zwischen diesen Gruppen.
Ich denke, die Kunstaktion, bei der sich die serbische Performance-Künstlerin Marina Abramović ihrem Publikum ausliefert, führt uns die Natur des Menschen vor Augen: Sozial & asozial, liebevoll & grausam, gut & böse. Und ohne jedes Maß.
Klar, dass sich in einer modernen, arbeitsteiligen und auf Profit und Wachstum ausgerichteten Massengesellschaft auch all die sozialen Verwerfungen, der Stress und die Entfremdung, die Entpersönlichung der Beziehungen, die Kultur einer Konsum- und Verwertungsgesellschaft im Verhalten widerspiegeln. Aber dennoch: Auch die menschliche Natur selbst bleibt ein zweischneidiges Schwert, welches zwischen den Extremen pendelt.
Gerade deshalb ist es ja so wichtig, dass wir uns das Band der KULTUR bewahren, das erst zusammen mit unserer NATUR, ERFAHRUNG & VERNUNFT das WESEN des Menschen ergibt und das allem, was wir tun, Maß & Ziel, Richtung & Sinn gibt, ohne unsere Natur zu verleugnen!
Titelbild:
By Manfred Werner / Tsui (Own work) [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons
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